Hier geht es um die Arbeitspflicht des Beschäftigten, das Direktionsrecht des Arbeitgebers und die wechselseitigen Nebenpflochten.
Haupt- und Nebenleistungspflichten
Grenzen des arbeitgeberseitigen Direktions- oder Weisungsrecht
Gesetze, anwendbare Tarifverträge, Betriebs- oder Dienstvereinbarung und der Arbeitsvertrag beschreiben den Rahmen dessen, was der Arbeitnehmer schuldet. Innerhalb dieses Rahmens kann der Arbeitgeber gemäß § 106 GewO von seinem Direktionsrecht Gebrauch machen und den Inhalt, den Ort und die Zeit der Erbringung der Arbeitsleistung festlegen.
Allerdings muss die Festlegung billigem Ermessen entsprechen, also auf berechtigte Belange des Beschäftigten Rücksicht nehmen (das wirkt sich auch bei der Auswahl zwischen mehreren Beschäftigten aus).
Liegt etwas außerhalb des geschuldeten Rahmens, kann es vom Arbeitgeber nicht verlangt werden. Ihm bleibt dann nur die Möglichkeit, den Rahmen des Geschuldeten einverständlich durch Änderungsvereinbarung oder durch einseitige Änderungskündigung zu erweitern. Gegen Letzteres ist der Beschäftigte aber nach Maßgabe des KSchG geschützt.
Verbot der Annahme von Vergünstigungen

§ 3 Abs.2 TVöD bzw. § 3 Abs.3 TV-L/MTV verbieten es, Vergünstigungen jedweder Art (z.B. Geschenke, Belohnungen, Provisionen, Gutscheine) in Bezug auf die Tätigkeit anzunehmen. Einfache Kontrollfrage: wäre die Vergünstigung auch gewährt worden, wenn die/der Beschäftigte nicht in der Dienststelle arbeiten würde?
Die Vorschrift soll nicht nur unlautere Einflussnahmen sondern schon deren Anschein verhindern. Auch einem „Anfüttern“ der Beschäftigten soll entgegengewirkt werden. Zudem sollen Dritte, die solche Vergünstigungen nicht aufbringen können oder wollen, keine Nachteile befürchten müssen.
Ausnahmen sind nur mit Zustimmung des Arbeitgebers möglich, die allerdings aus den genannten Gründen restriktiv gehandhabt wird (die Rundschreiben vieler Arbeitgeber gestatten die Annahme höchstens im Rahmen von Bagatellgrenzen und in der Regel nicht bei Geldgeschenken). Auch von einer stillschweigenden Zustimmung dürfte in der Regel nicht (auch nicht unter dem Aspekt einer Sozialadäquanz) auszugehen sein.
Die Beschäftigten müssen die Vergünstigungen also ablehnen (es reicht nicht, sie entgegenzunehmen und anschließend weiter zu verteilen). Mehr noch: werden den Beschäftigten Vergünstigungen angeboten, ist dies dem Arbeitgeber unverzüglich anzuzeigen. Dieser soll dadurch in die Lage versetzt werden, „Gegenmaßnahmen“ zu ergreifen.
Beim Jobwechsel - Erstattung von Fortbildungskosten?

Arbeitgeber möchten keine Fortbildung finanzieren, ohne selber davon zu profitieren. Sie versuchen daher, sich durch den Abschluss vorformulierter Rückzahlungsvereinbarungen abzusichern. Diese sollen den Beschäftigten zur Erstattung der vom Arbeitgeber getragenen Fortbildungskosten verpflichten, falls er vor Ablauf einer vereinbarten Bleibefrist kündigt.
Solche Vereinbarungen sind vom Arbeitgeber gestellte allgemeine Geschäftsbedingungen (AGB) und dürfen den Beschäftigten daher nicht unangemessen benachteiligen, Außerdem müssen sie klar und verständlich sein (vgl. § 307 BGB).
Dabei wägt die Rechtsprechung das Interesse des Arbeitgebers (keine Qualifizierung zu finanzieren, von der er selber nicht profitiert) gegen das Grundrecht des Beschäftigten auf freie Berufsausübung (das nicht unangemessen eingeschränkt werden darf) ab. Dabei gilt:
- Die vereinbarte Vertragsbindung muss unter Berücksichtigung von Dauer und Kosten der Fortbildung angemessen sein.
- Die vom Beschäftigten ggf. zu erstattenden Kosten müssen genau festgelegt sein.
- Die Rückzahlungspflicht muss sich mit der Zeit verringern (in dem Umfang wie der Beschäftigte nach der Qualifizierung im Arbeitsverhältnis verblieben ist und der Arbeitgeber somit bereits profitiert hat).
- Außerdem müssen Rückzahlungsklauseln die Fälle genau beschreiben, in denen eine Vertragsauflösung zur Rückzahlungspflicht führt bzw. nicht führt.
Ansonsten ist die Vereinbarung unwirksam und der Beschäftigte muss nichts zurückzahlen.
DSGVO als Waffe gegen den Arbeitgeber? – Was geht, was nicht.

Immer wieder hört man in der arbeitsrechtlichen Praxis: „Dann verlange ich halt mal meine vollständige DSGVO-Auskunft – das wird schon nerven!“ Kein Wunder: Die Erfüllung des Auskunftsanspruchs nach Art. 15 DSGVO kann für Arbeitgeber aufwendig sein – vor allem, wenn Arbeitnehmer mit zahlreichen Detailfragen nachlegen oder mehrere Anfragen hintereinander stellen.
Aber darf man als (ehemaliger) Arbeitnehmer diesen Anspruch „strategisch“ nutzen? Und was, wenn der Arbeitgeber nicht rechtzeitig oder nicht vollständig antwortet – kann man dann gleich 2.000 Euro Schadenersatz verlangen?
Das BAG schafft Klarheit – Urteil vom 20. Februar 2025 (8 AZR 61/24)
Im aktuellen Urteil hat das Bundesarbeitsgericht (BAG) genau diesen Fall behandelt: Ein ehemaliger Arbeitnehmer forderte erneut Auskunft über seine Daten – obwohl er bereits Jahre zuvor eine erhalten hatte. Als die Antwort aus seiner Sicht zu spät und unvollständig kam, forderte er 2.000 Euro immateriellen Schadenersatz – wegen Kontrollverlusts über seine Daten und seelischer Belastung.
Die Instanzen gingen dabei auseinander: Während das Arbeitsgericht 10.000 Euro (!) zusprach, wies das Landesarbeitsgericht die Klage ab – und das BAG bestätigte dies nun.
Der Kern der Entscheidung:
Nicht jede verspätete oder unvollständige Auskunft rechtfertigt Schadenersatz. Ein bloßes „Genervtsein“ oder abstrakte Sorgen („Die könnten ja was mit meinen Daten machen…“) reichen nicht. Es muss ein konkreter Schaden nachgewiesen werden – etwa reale Risiken durch Datenmissbrauch oder falsche Angaben.
Das Gericht machte klar: Der Anspruch aus Art. 15 DSGVO ist ein wichtiges Instrument für Transparenz. Aber Art. 82 DSGVO, der den Schadenersatz regelt, ist kein Mittel zur "Bestrafung" von Arbeitgebern. Es geht um Ausgleich für konkrete, nachweisbare Schäden – nicht um Schikane.
Fazit: Nerven geht nicht – aber Rechte wahrnehmen schon!
Arbeitnehmer haben selbstverständlich das Recht, ihre personenbezogenen Daten einzusehen. Auch mehrmals – etwa, wenn es Anhaltspunkte für neue Datenverarbeitungen gibt. Aber:
- Wer den Auskunftsanspruch „zum Quälen“ nutzt, hat rechtlich keine besseren Karten.
- Ein verspäteter Brief rechtfertigt nicht automatisch Geld – es braucht greifbare Nachteile oder Belastungen.
Also: DSGVO ja – aber mit Augenmaß.
Und nicht vergessen: Auch Arbeitgeber haben Rechte – und manchmal einfach nur viel zu tun.
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Arbeitsunfähigkeits-Richtlinie

Nach § 92 SGB V ist der „gemeinsame Bundesausschuss“ berufen, Richtlinien u.a. über die Beurteilung der Arbeitsunfähigkeit zu erlassen, die er auf seiner Homepage veröffentlicht. Eine interessante Lektüre für alle Fragen rund um den (früher) „gelben Zettel“ und die Maßnahmen zur stufenweisen Wiedereingliederung. Das Verfahren zur Feststellung der Arbeitsunfähigkeit wird in § 4 der AU-RL beschrieben, § 5 AU-RL enthält Einzelheiten zur Bescheinigung.
Freiwilligkeits- vs. Widerrufsvorbehalt – Was ist der Unterschied?

Im Arbeitsrecht – auch des öffentlichen Dienstes – gibt es immer mal wieder Streit, ob auf in der Vergangenheit gewährte Leistung für die Zukunft ein Rechtsanspruch besteht. Arbeitgeber sichern sich hierbei häufig durch „Vorbehalte“ ab:
Ein Freiwilligkeitsvorbehalt bedeutet: Der Arbeitgeber gewährt eine Leistung freiwillig und möchte - selbst bei wiederholter Leistung- keine rechtliche Verpflichtung eingehen. Der Arbeitnehmer erwirbt dementsprechend keinen Anspruch auf Wiederholung. Entscheidend ist dabei, dass dies klar und eindeutig erklärt wird, etwa mit dem Zusatz „freiwillig, ohne Anerkennung einer künftigen Verpflichtung“.
🔎 Beispiel: Eine Sonderzuwendung wird mit dem Hinweis „freiwillig und ohne Rechtsanspruch“ gewährt. Dann kann der Arbeitgeber im Folgejahr frei entscheiden, ob er die Leistung wieder gewähren möchte oder nicht.
Ein Widerrufsvorbehalt liegt dagegen vor, wenn eine Leistung zunächst verbindlich zugesagt wird, sich der Arbeitgeber jedoch das Recht vorbehält, diese unter bestimmten Voraussetzungen einseitig wieder zu entziehen – typischerweise aus wirtschaftlichen oder betrieblichen Gründen.
Wichtig: Der Widerruf darf nur erfolgen, wenn ein sachlicher Grund vorliegt und dies auch im Arbeitsvertrag klar geregelt ist (§ 308 Nr. 4 BGB). Zudem muss die Leistung zusätzlich zum Arbeitsentgelt gewährt worden sein.
🔎 Beispiel: Eine monatliche Zulage kann widerrufen werden, wenn sie unter dem Vorbehalt steht, dass sie bei wirtschaftlicher Notlage entfällt – das muss ausdrücklich vereinbart sein.
Unterschied auf den Punkt gebracht
Freiwilligkeit = Kein Anspruch, keine Bindung, keine Wiederholungspflicht.
Widerruf = Anspruch entsteht, kann aber später aber widerrufen werden.
Beide Varianten müssen transparent und rechtssicher formuliert sein – sonst gelten sie nicht. Und: Wiederholte freiwillige Leistungen ohne klaren Vorbehalt können zur betrieblichen Übung werden – und damit zum Rechtsanspruch führen.
613a BGB oder Personalgestellung – Hauptsache geschützt!

Wenn Aufgaben der Dienststelle auf einen Dritten verlagert werden, entfällt häufig die Beschäftigungsmöglichkeit auf dem bisherigen Arbeitsplatz. Im Prinzip würde dann eine betriebsbedingte Kündigung drohen.
Beispiel: eine Klinik schließt ihr Labor und kauft die Dienstleistungen bei einem externen Anbieter ein - die Laborbeschäftigten stehen ohne Aufgabe da.
613a BGB schützt vor Jobverlust
Bevor es soweit kommt, schützt einen häufig die Vorschrift des § 613a BGB, wonach unter bestimmten Voraussetzungen das bislang zum alten Arbeitgeber bestehende Arbeitsverhältnis 1:1 auf einen neuen Arbeitgeber (den "Betriebsteilerwerber") übergeleitet wird. Rechte und Pflichten, die in einem Tarifvertrag oder einer BV/DV geregelt waren, werden Bestandteil des Arbeitsverhältnisses zum neuen Arbeitgeber und dürfen nicht vor Ablauf eines Jahres zum Nachteil des Beschäftigten geändert werden (sofern dort kein eigenes Kollektivrecht besteht). Obwohl § 613 a BGB grundsätzlich eine Schutzvorschrift ist, können Beschäftigte dem Übergang ihres Arbeitsverhältnisses widersprechen.
Personalgestellung als Alternative
Liegen die Voraussetzungen für den Übergang des Arbeitsverhältnisses auf den Betriebsteilerwerber nicht vor oder hat der Beschäftigte dem Übergang seines Arbeitsverhältnisses widersprochen, kommt häufig eine Personalgestellung als Alternative in Betracht.
Werden Aufgaben der Beschäftigten zu einem Dritten verlagert, ist auf Verlangen des Arbeitgebers bei weiterbestehendem Arbeitsverhältnis die arbeitsvertraglich geschuldete Arbeitsleistung nach § 4 Abs.3 TVöD/TV-L bei dem Dritten zu erbringen (Personalgestellung). Auch das ist allemal besser als eine betriebsbedingte Kündigung.
Gestellungs- oder Überleitungsverträge als Herausforderung für Personal- und Betriebsräte
Wenn entsprechende organisatorische Veränderungen (oft auch Privatisierungen) anstehen, ist es für die Beschäftigtenvertretung wichtig, die individualrechtliche Situation der Beschäftigten und ihre eigenen Beteiligungsrechte zu durchdringen. Letztere sollten dann genutzt werden, um die Beschäftigten durch Personalüberleitungs- oder -gestellungsverträge bestmöglich zu schützen.
Seminar: Organisationsveränderungen, § 613a, Personalgestellungen Herausforderungen