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Ausschlussfrist - irgendwann ist mal gut

Nach § 37 Abs. 1 TVöD / TV-L / MTV müssen die meisten wechselseitigen Ansprüche binnen 6 Monaten schriftlich geltend gemacht werden, sonst verfallen sie. Die Vorschrift dient der Rechtsklarheit und Rechtssicherheit. Zur Geltendmachung reicht eine Email aus, sofern aus ihr der Absender der Erklärung und das Datum der Erklärung klar hervorgehen. Nur einige Ansprüche (z.B. auf Entfernung einer Abmahnung aus der Personalakte oder auf Reisekostenvergütung) können auch später noch geltend gemacht werden. Für Ansprüche aus AGG gilt dagegen kraft Gesetzes die Zweimonatsfrist des § 15 Abs.4 AGG.

Achtung: zur Wahrung der Ausschlussfrist bei Vergütungsansprüchen reicht es nicht aus, um eine Überprüfung der Eingruppierung zu bitten oder einen Höhergruppierungsantrag zu stellen. Es muss vielmehr konkreter formuliert werden: „hiermit mache ich meinen Vergütungsanspruch aus der Entgeltgruppe 9a, Stufe 4 seit September diesen Jahres geltend.“ Selbstverständlich kann der Anspruch auch durch einen bevollmächtigten Anwalt oder Gewerkschaftsvertreter gestellt werden. Die Geltendmachung durch den Personal- oder Betriebsrat reicht dagegen nicht aus.

Bei der Geltendmachung von Ansprüchen aus einer höheren Entgeltgruppe sind im Übrigen zwei Aspekte zu unterscheiden:
•    Zu welchem Zeitpunkt hat die dafür zuständige Stelle des Arbeitgebers die höherwertigen Tätigkeiten übertragen (und befindet sich der Arbeitnehmer daher aufgrund der Tarifautomatik in der höheren EG)?
•    Wann wurde der Anspruch auf die höhere Vergütung konkret geltend gemacht?

Im Einzelfall kann die Berufung des Schuldners auf die Ausschlussfrist übrigens rechtsmissbräuchlich sein. Mehr zur Ausschlussfrist gibt es in diesem Video.

Das wird mir zu viel!

Was zu Überlastungen führt

Überlastungen können verschiedene Ursachen haben.Zu denken ist etwa an einen Aufgabenzuwachs, neue Anforderungen (etwa im Zuge der Digitalisierung) oder einen Personalmangel. Letzterer kann sich etwa ergeben, wenn der Arbeitgeber Schwierigkeiten hat oder es sich nicht leisten möchte, neues Personal zu rekrutieren. Auch die Abwesenheit von Kolleginnen und Kollegen im Fall von Krankheit, Urlaub, Altersteilzeit oder sabbaticals kann zu personellen Engpässen führen. Selbstverständlich können auch Gründe aus der Sphäre des Beschäftigten zu einer Überlastung führen. Die Belastung kann dauerhaft oder vorübergehend sein.

Wenn Sie jetzt lieber gucken als zu lesen, dann bitte.

Vorsicht vor den Folgen!

Es liegt auf der Hand, dass Überlastungen Konsequenzen für die Arbeitsleistung haben können. Bestimmte Arbeiten werden gar nicht mehr, schlecht bzw. fehlerbehaftet oder verspätet erbracht. Damit drohen Schäden beim Arbeitgeber, bei Kolleginnen und Kollegen und selbst verständlich auch bei Dritten, dem Kunden oder Bürger. Für den Beschäftigten selber drohen Gesundheitsgefahren und gegebenenfalls auch arbeitsrechtliche Sanktionen von der Haftung über Abmahnungen bis zur Kündigung.

Schreiben entlastet

Hier kommen Überlastungsanzeigen ins Spiel, die übrigens weder im Gesetz noch im Tarifvertrag explizit geregelt sind.

Sie sollen auf der einen Seite den Arbeitgeber auf die drohenden Schäden hinweisen und ihm so die Chance verschaffen, diese durch ein gegensteuern zu vermeiden. Zum anderen haben sie zugunsten des Beschäftigten eine Entlastungsfunktion. Diesem kann keine schuldhafte Pflichtverletzung vorgeworfen werden, wenn er sich im Rahmen des möglichen bemüht hat und im Übrigen auf eine wirklich vorliegende Überlastung hingewiesen hat. Sollte es im Zuge der Überlastung zu strafrechtlichen Vorwürfen kommen, kann der Hinweis an den Arbeitgeber auch insoweit relevant sein.

Unter verschiedenen Aspekten kann sich sogar eine Pflicht des Beschäftigten ergeben, auf drohende oder schon bestehende Überlastungen hinzuweisen. Das Arbeitsverhältnis ist ein wechselseitiges Treue – und Fürsorgeverhältnis. Der Treue und seinem Arbeitgeber zur Fürsorge verpflichtete Beschäftigte hat den Arbeitgeber darauf hinzuweisen, wenn diesem Schäden drohen. Hinsichtlich der Schäden, die dem Beschäftigten selber drohen, ist § 15 Arbeitsschutzgesetz zu beachten. Danach sind Beschäftigte verpflichtet, für die Sicherheit und Gesundheit Dritter und ihrer eigenen Person bei der Arbeit Sorge zu tragen. Entsprechende Pflichten ergeben sich für Beamte übrigens aus § 63 Bundesbeamtengesetz, § 36 Beamtenstatusgesetz sowie entsprechender Länderregelungen.

Was muss ich beachten?

Die somit verpflichtende Überlastungsanzeige muss nach § 16 Arbeitsschutzgesetz unverzüglich erfolgen. Der Arbeitgeber muss auch zeitlich die Möglichkeit haben, durch eine Reaktion die drohenden Schäden zu vermeiden.

Obwohl Überlastung Anzeigen weder gesetzlich noch tarifvertraglich geregelt sind, ergeben sich aus dem Sinn und Zweck einige Aspekte bezüglich des Inhalts und der Form:

Die Überlastungsanzeige sollte schriftlich unter Nennung des eigenen Namens und der Betroffenen Organisationseinheit erfolgen und datiert sein. Sie sollte eine Beschreibung der Situation sowie eine konkrete Benennung der Überlastungsmerkmale enthalten. Um die Überlastung für den Arbeitgeber nachvollziehbar zu machen, bietet es sich dabei an, gegebenenfalls darzulegen, welche Zeit für welche Arbeiten benötigt wird. Soweit möglich sollte der Betroffene die Ursachen der Überlastung benennen.
Achtung: Sollte die Überlastung auf persönlichen Gründen (zum Beispiel Krankheit) beruhen, sollte vorsorglich bedacht werden, ob und inwieweit der Arbeitgeber darauf mit für den Beschäftigten Nachteil haften Maßnahmen reagieren könnte.
Weiterhin sollte die Überlastungsanzeige die schon eingetretenen oder drohenden Folgen der Überlastung beschreiben. Sie endet mit der Aufforderung oder bitte an den Arbeitgeber, für Abhilfe zu sorgen und gegebenenfalls Prioritäten bei der Aufgabenerledigung vorzugeben. Oft ist auch ein Hinweis auf das bestehende Qualitätsmanagementsystem sinnvoll.

Der Arbeitgeber reagiert - hoffentlich!

Der Arbeitgeber muss auf die Überlastungsanzeige reagieren und die zugrunde liegenden Sachverhalt prüfen. Dies ergibt sich wiederum aus der Natur des Arbeitsverhältnisses als wechselseitigen Treue und Fürsorgeverhältnis gemäß
§ 242 BGB und auch aus § 5 Arbeitsschutzgesetz. Soweit er die Überlastungsanzeige für berechtigt hält, hat er für Abhilfe zu sorgen. Die Überlastungsanzeige als solche darf für den Beschäftigten keine negativen Konsequenzen haben. Das ergibt sich aus dem Maßregelerfolg des § 612 a BGB.

Kein Freibrief für Beschäftigte

Auf der anderen Seite unterliegt der Arbeitnehmer trotz der angezeigten Überlastung weiterhin dem arbeitgeberseitigen Direktionsrecht. Die Überlastungsanzeige mit anderen Worten kein Freibrief für Arbeitsverweigerung oder Minderleistungen. Der Arbeitnehmer ist weiterhin verpflichtet, sich im Rahmen des ihm Zumutbaren anzustrengen. Nur in extremen Ausnahmesituationen (konkret drohenden Gesundheitsgefahren) ist an die Geltendmachung eines Zurückbehaltungsrechtes zu denken.

Reagiert der Arbeitgeber nicht ausreichend und entstehen Schäden, kann dem Beschäftigten zumindest keine Verletzung einer Hinweispflicht vorgeworfen werden. Bei berechtigter Überlastungsanzeige liegt gegebenenfalls auch kein sonstiger Pflichtverstoß vor, wenn der Beschäftigte sich im Rahmen des zumutbaren angestrengt hat. Unterlaufen ihm trotzdem Fehler, dürfte sich ein Schuldvorwurf in der Regel zumindest relativieren. Kommt es aufgrund der Überlastung zu einer Erkrankung, dürften daran anknüpfenden Maßnahmen, insbesondere eine krankheitsbedingte Kündigung, unverhältnismäßig sein, weil der Arbeitgeber durch Nichtabhilfe die Krankheit mitverursacht hätte.

Und was ist mit dem Personal- oder Betriebsrat?

Zuletzt noch kurz zur Rolle des Personal oder Betriebsrates. Zwar gibt es kein explizites Mitbestimmungsrecht bei Überlastungsanzeigen. Der Personal oder Betriebsrat hat aber die allgemeine Aufgabe darüber zu wachen, dass Vorschriften eingehalten werden und die Beschäftigten nach Recht und Billigkeit behandelt werden. Zudem kann er Maßnahmen zugunsten der Beschäftigten beantragen. Werden Beschwerden auch ihm gegenüber erhoben, regeln die §§ 85 BetrVG bzw. 62 Nr.3 BPersVG wie damit umzugehen ist.
Weiterhin ist der Personal-oder Betriebsrat an der Gefährdungsbeurteilung beteiligt und hat ein Mitbestimmungsrecht beim Gesundheitsschutz. Außerdem kann er andere Mitbestimmungsrechte zum Beispiel hinsichtlich der Arbeitszeit oder personelle Einzelmaßnahmen dazu nutzen, auch aus seiner Sicht bestehenden Überlastungssituationen entgegenzuwirken.

Unterschiedliche Tarifregelungen in Ost und West

Die gute Nachricht zuerst: viele Regelungen wurden mittlerweile vereinheitlicht. Das betrifft insbesondere die Entgelttabellen und die Jahressonderzahlung. Manche Unterschiede bestehen dagegen hartnäckig fort – das sind die Wichtigsten im Allgemeinen Teil der Tarifverträge:

Während die Arbeitszeiten im TVöD des Bundes und der Kommunen (bei Letzteren seit 2023) vereinheitlich wurden, sind die Arbeitszeiten der ostdeutschen Landesbeschäftigten durchgängig länger, nämlich durchschnittlich 40 Stunden pro Woche, während bei allen westdeutschen Mitgliedern der TdL geringere (wenn auch uneinheitliche) Arbeitszeiten gelten.

Die Befristungsvorschrift des § 30 TVöD/TV-L gilt nur im Tarifgebiet West. Das bietet neben einigen Nachteilen (keine Höchstdauer bei Sachgrundbefristungen, keine Mindestdauer bei sachgrundlosen Befristungen) aber auch Vorteile für Beschäftigte im Tarifgebiet Ost: ihre befristeten Arbeitsverträge unterliegen nach § 15 Abs.4 TzBfG nur dann der vorzeitigen Kündigung, wenn dies einzelvertraglich vereinbart wurde.

Die ordentliche Unkündbarkeit (nach Vollendung des 40.Lebensjahres und einer 15jährigen Beschäftigungszeit) gilt nur im Tarifgebiet West.